Verkehrsprobleme gibt es im Kölner Westen reichlich, angefangen von täglichen Staus über Unzufriedenheit mit dem ÖPNV bis hin zu Behinderungen durch Neubauvorhaben. Ob sich die Situation in naher Zukunft bessert, ist fraglich.
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Täglich staut sich der Verkehr in Weiden, Lövenich und Widdersdorf, Junkersdorf und Lindenthal. Und es besteht keine Aussicht auf Besserung. Das Chaos wird durch zahlreiche Neubauvorhaben wie auf dem Sidol-Gelände in Müngersdorf und auf dem ehemaligen RTL-Gelände an der Aachener Straße noch größer. Was die Anwohner fordern, formulierte einer von ihnen bei der Diskussionsveranstaltung „Verkehr im Kölner Westen“, zu der die Lindenthaler CDU-Fraktion ins Bezirksrathaus geladen hatte: „Die Politik soll endlich ein durchdachtes Verkehrskonzept vorlegen.
Sie muss Leitsätze formulieren, nach denen die Verkehrsbeziehungen auf den Straßen möglichst störungsfrei neu geordnet werden.“ Doch im Verlaufe der Diskussion mussten die Bürger erkennen: Die Zahl der Fahrzeuge ist zu groß, die Verkehrsbeziehungen sind zu kompliziert, das Fortkommen der einen geht immer zu Lasten anderer. Der Gastgeber, CDU-Fraktionsvorsitzendre Horst Nettesheim, warnte schon zu Beginn: „Ein weiterer Ausbau der Straßen ist nicht möglich. Dafür fehlt der Platz.“
Ruhe in den Wohngebieten
Ein Ziel der Verkehrsplaner war in den vergangenen Jahren, die Wohngebiete vom Durchgangsverkehr frei zu halten und ihn auf die Hauptverkehrsachsen zu lenken. Den Schleichverkehr will auch die Bezirksvertretung unterbinden. Doch eine Anwohnerin der viel befahrenen Kreuzung Gleueler Straße / Lindenthalgürtel fragte aufgebracht: „Sind wir denn Bürger zweiter Klasse? Mit welchem Recht müssen wir immer mehr Verkehr und Lärm ertragen, während andere von Tempo-30-Zonen und Einbahnstraßenlabyrinthen profitieren?“ Es gehe nicht an, dass immer mehr Wohnstraßen beruhigt würden und die Menschen an den Verkehrsadern diesen Verkehr dann auch noch ertragen müssen. „Viele im Stadtbezirk leben an den Hauptverkehrstraßen. Da muss ein Teil des Verkehrs auch durch die ruhigen Viertel fahren dürfen“, forderte ein Anwohnerin der Aachener Straße. Ein anderer Besucher meinte: „Bei vernünftiger Verkehrsplanung ist es gar nicht notwendig, Schleichwege zu fahren.“
Vorfahrt für die Autos
Wer auf das Auto angewiesen ist, will möglichst zügig vorankommen. Ein Besucher beschrieb, welche Umwege er fahren muss, um ans Ziel zu kommen. „Wenn ich vom Gürtel aus auf die Aachener Straße stadtauswärts will, bleibt mir nichts anders übrig, als zunächst in die Friedrich-Schmidt-Straße einzubiegen.“ Die Friedrich-Schmidt-Straße aber ist keine Durchgangsstraße. Dort hat sich vor Jahren eine Bürger-Interessengemeinschaft gebildet, die für die Beruhigung des Verkehrs vor ihrer Haustür eintritt.
Überhaupt, klagten die Autofahrer, gebe es auf der Aachener Straße kaum Wende- und Abbiegemöglichkeiten. Der FDP-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung, Joachim Vogel, machte sie darauf aufmerksam, dass das mit Bedacht so sei. „Dort haben die Kölner Verkehrs-Betriebe Vorrang. Jedes Abbiegen, jedes Wendemanöver behindert die Linien 1 und 7 in ihrer freien Fahrt.“ Seit Jahren aber setzen die Verkehrspolitiker darauf, die Stadtbahn zu beschleunigen, um sie attraktiver gegenüber dem Auto zu machen.
Vorfahrt für den ÖPNV
Deutlich wurde im Bezirksrathaus: Jeder verlangt von Bussen und Bahnen Pünktlichkeit und Schnelligkeit. Doch gibt man dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf den Straßen die Vorfahrt, bedeutet das Einschränkungen für den Autoverkehr. Ampelphasen werden schon zugunsten des ÖPNV geschaltet, Abbiege- und Wendemöglichkeiten für Autos auf ein Minimum reduziert. Und das auf Hauptverkehrsadern wie Dürener Straße und Aachener Straße. Seit Jahren fordert die Bezirksvertretung Lindenthal beispielsweise die Fortführung der Bus-Linie 136 bis Junkersdorf. Die KVB reagiert darauf nicht. „Das Busnetz ist unzureichend“, meinte ein Junkersdorfer Bürger. Ein anderer entgegnete: „Die Busse stehen in den selben Staus wie die Autos.“ Mehr Buslinien und kürzere Takte seien auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Diagonalsperre
Wie sehr schon im Kleinen die Interessen kollidieren, zeigt sich im Wohnquartier zwischen der Voigtel- und der Kitschburger Straße. Da wurde die Debatte für eine Weile hitzig. Das so genannte Baumeisterviertel ist gespalten durch eine Diagonalsperre. Neun rot-weiße Poller sind seit 2011 diagonal über die Kreuzung Braunstraße/Christian-Gau-Straße verteilt. Sie verhindern die Durchfahrt von der Friedrich-Schmidt-Straße über die Braunstraße auf die Aachener Straße, halten also möglichen Schleichverkehr aus dem Viertel. „Die einen können gut damit leben. Andere fühlen sich durch die Sperre behindert, weil sie nun Umwegfahrten innerhalb des Quartiers in Kauf nehmen müssen. „Wir haben mehr als 500 Unterschriften gegen die Sperre gesammelt“, so einer der Gegner.
Die Bezirksvertretung war vor kurzem den Kritikern gefolgt. Die Diagonalsperre kommt wieder weg. Doch die Befürworter beklagen, vor der Entscheidung nicht gehört worden zu sein. „Wer hat denn da unterschrieben? Bei uns war niemand“, entgegnete empört ein Anwohner der Voigtelstraße. Ihrer Ansicht nach befördert die Sperre nicht nur die Ruhe im Quartier, sondern lässt auch den Verkehr auf der Aachener Straße besser fließen, weil seitdem kein Schleichverkehr mehr durch die Voigtel- und die Braunstraße auf die Hauptverkehrsader drängt. Die Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker, die an diesem Abend als Gast an der Veranstaltung teilnahm, ergriff daraufhin das Wort und bat um Entschuldigung: „Ich habe es versäumt, sie vorher zu einem Gespräch zu bitten.“ Bei dem Beschluss aber bleibt es dennoch.
S-Bahn nach Pulheim gefordert
Anreiz für Pendler die Teilnehmer der Diskussion in vier Punkten. Niemand will den Großmarkt in Marsdorf. „Das verschärft das Verkehrsproblem im gesamten Kölner Westen noch einmal erheblich“, sagte ein Bürger. Einhellig wurde zudem gefordert, jede Planung weiterer Bauvorhaben zunächst mit einer Verkehrsplanung zu starten. „Kein Wohnblock mehr ohne entsprechende Verkehrsinfrastruktur“, lautete ein Zwischenruf. Eine weitere gemeinsame Forderung von Politikern und Anwohnern war, den Pendlern aus dem Umland mehr Anreiz zu bieten, vom Auto auf Bahn und Busse umzusteigen. Nachholbedarf gebe es beim Ausbau der Bus- und Bahnverbindungen über die Stadtgrenzen Kölns hinaus. „Dringend nötig ist beispielsweise eine weitere S-Bahn-Linie nach Pulheim“, sagte der Vorsitzende der Kölner CDU, Bernd Petelkau, der ebenfalls gekommen war, um die Wünsche der Bürger zu hören. Zudem müssten an der Stadtgrenze mehr Park-and Ride-Plätze nahe der Bahnlinien angelegt werden.Einigkeit herrschte zwar darüber, dass es auch die Fahrradfahrer schwer haben im Westen der Stadt. Und Nettesheim hatte zu Beginn der Veranstaltung versucht, den Blick auch auf das Fahrradkonzept zu lenken, das die Stadt zurzeit für die Stadtteile Lindenthal, Sülz und Klettenberg erarbeitet. Es soll sichere und schnelle Wegeverbindungen für Radler schaffen und dazu einladen, vom Auto aufs Rad umzusteigen. Doch an diesem Abend schien das kaum jemanden zu interessieren. Für viele Bürger im Stadtbezirk ist das Auto immer noch das Verkehrsmittel Nummer eins.
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